Der liebe Hasso

Es ist schon wieder Herbst und mit dem kürzer werden der Tage hänge ich häufiger wieder lesend vor dem Rechner anstatt was Sinnvolles zu tun. Auf meinem Lieblingsportal für gute und objektive Nachrichten stieß ich auf diesen Artikel. Zitat:

Nach behördlichen Schätzungen leben etwa 65.000 Straßenhunde allein in Bukarest, jedes Jahr kommt es zu Tausenden Bissattacken, Tendenz steigend. Weil also das Thema Straßenhunde so viele Menschen in Rumänien betrifft, ist der Tod des vierjährigen Ionut am 2. September immer noch jeden Tag eines der Top-Themen in rumänischen Medien.

Ein Kleinkind wird von einem Straßenkötter tot gebissen. Das Ereignis ist schrecklich und eigentlich erwartet man ja, dass die Stadtverwaltung was tut und beispielsweise anfängt, die Viecher systematisch einzuschläfern. Zumindest wäre das logisch. Und dass Rumäniens Politiker an diesem Punkt Vernunft zeigen, erfährt man aus einem anderen Artikel:

Nachdem Rumäniens Staatspräsident Traian Basescu die Regierung aufgefordert hatte, schnell eine Regelung zum Einschläfern von Straßenhunden zu verabschieden, stimmten die Abgeordneten am Montag mit großer Mehrheit für ein entsprechendes Gesetz. Demzufolge können streunende Hunde getötet werden, wenn die Behörden sie nicht in einem Tierheim unterbringen können – und wenn sich nicht binnen 14 Tagen, nachdem sie eingefangen wurden, ein Besitzer findet.

Man erfährt aber leider auch, dass dieses Gesetz einen „Proteststurm bei Tierschützern“ auslöste.

Ein Sprecher der rumänischen Organisation Vier Pfoten sprach etwa von einem „Steinzeitgesetz“ und kündigte an, man wolle die Europäische Komission einschalten, um eine derartige „Massenvernichtung“ zu verhindern.

Und dass sie mit ihren Klagen dann auch noch erfolgreich sind, liest man einen Satz später:

Zudem wollen Tierschützer Verfassungsklage erheben. Es wäre nicht das erste Mal: Bereits vor zwei Jahren hatte das rumänische Parlament ein ähnliches Gesetz verabschiedet. Nach entsprechenden Beschwerden wurde es im Januar 2012 wegen Formfehlern vom Verfassungsgericht gekippt.

Vielleicht liegt es daran, dass ich keine Haustiere habe, hatte und niemals haben werde oder an meinem Migrationshintergrund und meiner entsprechenden Erfahrung mit Straßenköttern in Istanbul, aber ich kann diesen „Idealisten“ wenig Anderes als Verachtung entgegen bringen. Nicht nur, dass sie mit „Massenvernichtung“ einen mehr oder weniger direkten Bezug zur Shoa herstellen und damit diese relativeren, sie scheinen auch in Kauf nehmen zu wollen, dass weitere Menschen zu Schaden kommen. Woher kommt dieses Mitgefühl Tieren gegenüber? Ich fände es eher angebracht und ein Zeichen der Zivilisiertheit zu erkennen, welche Gefahr von solchen Rotten von Halbwölfen für Menschen ausgeht. Tierfreunde vergessen leider zu schnell, dass Tiere eben Tiere sind und keine verhandlungsfähigen Subjekte mit denen man Kompromisse schließen könnte, auch wenn ihnen ihr Haustier als individueller Kumpane erscheinen mag. Die Wahrnehmung von Tieren als Subjekte beruht einzig und allein auf der Vermenschlichung der Tiere und nicht darauf, dass Tiere irgendetwas menschliches hätten, das nur von empathischen Leuten entdeckt und verstanden werden müsse. Wenn Tiere eine Gefahr für Menschen werden, dann müssen sie bekämpft werden. Es würde doch niemand von diesen Vollpfosten ernsthaft dulden wollen, dass zum Beispiel Braunbären in der Stadt „leben“. Aus dem Mund von diesen Leuten klingt es immer so, als seien durch Tiere Getötete und Verletzte hinzunehmende Kollateralschäden im ansonsten harmonischen Zusammenleben von Mensch und Tier. Was für ein Bullshit. Tiere daran hindern zu können einem Schaden zu zufügen und (Raub-) Tierfreie Zonen errichten zu können sind sie wesentliche Vorraussetzungen für Zivilisation, und btw ein Kernunterschied zu Tieren.

Weiter erfährt man im Artikel, dass solche Ereignisse keine Seltenheit sind.

Dabei gibt es nicht erst seit Ionuts Tod dringenden Handlungsbedarf. 2012 starb eine Rentnerin im nordrumänischen Sathmar nach einer Hundeattacke, zwei Monate später töteten streunende Hunde einen Sechsjährigen in einem ostrumänischen Dorf. Im Januar 2011 griffen Bukarester Straßenhunde die Angestellte einer Recycling-Firma an, drei Tage später starb sie an ihren schweren Verletzungen. Im Januar 2006 verblutete ein japanischer Geschäftsmann in Bukarest, nachdem ihn ein Hund in die Kniekehle gebissen und dabei eine Schlagader durchtrennt hatte.

Man mag jetzt argumentieren, dass wahrscheinlich mehr Menschen im Straßenverkehr sterben als an Hundeattacken. Mit der gleichen Argumentation könnte man auch Terrorangriffe relativieren, denn es sterben relativ betrachtet deutlich mehr Menschen beim Fensterputzen als durch Selbstmordattentate. Aber diese bigotte Erbsenzählerei ignoriert, dass a) Hunderotten vermeidbar sind, und Autoverkehr nicht und das b) Terror nicht zum Lebensrisiko gehören darf, weil es das Ende der Freiheit und der Beginn von Willkürherrschaft bedeutete, während der Tod beim Fensterputzen einfach nur Pech ist. Man hätte es auch lassen können.

Insgesamt ist mir beim Lesen der Artikel aufgefallen, wie viel über Tiere berichtet wird und wie selbstverständlich es zu sein scheint, sie für schützenswert zu halten. Da erschiessen Polizisten einen Rottweiler, weil er auf sie zu rennt als sie sein Herrchen festnehmen. Was hätten die bitte schön tun sollen? „Der will nur spielen“. Ja ne, ist klar. „Empörung“ ist dann dass, was die Leute empfinden und nicht etwa deshalb, weil ein Kampfhund in der Stadt gehalten werden darf sondern darum, weil Polizisten dieses Tier erschießen, was sie offenkundig angreifen wollte. Diese miesen Typen! Und dann immer diese mitleidsheischenden Bilder von Tieren! Mir wird schlecht. Überhaupt glauben Tierfreunde offensichtlich, dass das Leben eines Hundes in jedem Fall zu schützen ist, auch wenn beispielsweise durch diesen Hund auf der Autobahn das Unfallrisiko deutlich steigt. Wer das anders sieht, gilt als gefühlskalter Unmensch. Ich würde einfach nur sagen, dass Menschen anderen Menschen gegenüber Empathie und Mitgefühl zeigen müssen. Wenn Leute unbedingt ihrer Geltungssucht mit Tierschutz Rechnung tragen müssen, können sie dass ruhig tun, aber dort wo menschliche Interessen mit denen von Tieren kollidieren, haben Erstere immer Vorrang. Bei „Tierrechten“ hört allerdings der Spaß auf. Wer mehr dazu wissen will, dem sei dieses Buch empfohlen. Ich finde es zwar insgesamt zu „tolerant“ gegenüber Tierschutz, aber es ist ganz brauchbar um argumentativ zu verstehen, warum Tiere keine Rechte haben können.

Ich beende diesen Post mit der etwas makabren Tatsache wem eines der Tiere, die das Kind töteten, gehörte. Der Alternativvorschlag der „Vier Pfoten“ Tierschützer zum Töten der Hunde war, sie zu sterilisieren, weil sie dann nicht mehr fortpflanzungsfähig und nicht mehr aggressiv seien. Bleibt nur zu sagen: Go and punch yourself!

Einer der Hunde, die an dem tödlichen Angriff auf Ionut beteiligt waren, ist nach Behördenangaben inzwischen identifiziert: Ein Chip im Ohr machte es möglich. Demnach war das Tier sterilisiert – und Eigentum einer Bukarester Tierschutzorganisation. Der Verein namens Caleidoscop hatte den Hund 2008 adoptiert und wäre verpflichtet gewesen, ihn nicht mehr auszusetzen. Gegen Mitglieder der Organisation ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft wegen Mordes.

 

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